Martin Bauer: Alles für die Hauptstadt? Agrarwirtschaft im Land um Wien im Ersten Weltkrieg

Rural History Forum 26

  • Wann 02.06.2014 von 13:00 bis 14:30 (CET / UTC200)
  • Wo St. Pölten, NÖ Landesarchiv, Seminarraum (Erdgeschoß)
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Die Agrar- und Ernährungswirtschaft Österreichs war während des Ersten Weltkriegs durch drei Faktoren geprägt, die miteinander in enger Beziehung standen: Erstens erfuhr die Landwirtschaft, vor allem aufgrund des Arbeitskräfte- und Düngermangels, einen Produktionsrückgang. Zweitens sanken die agrarischen Importe aus Ungarn rasant, vor allem bei den für die Hauptstadt Wien wichtigen Nahrungsgütern Getreide und Mehl. Drittens dehnte sich im Laufe des Krieges die staatliche Bewirtschaftung auf alle wesentlichen Bereiche der Agrarproduktion aus, was die Futterwirtschaft unbeabsichtigt förderte. Der Autor unterzieht die bislang unveröffentlichte Anbau- und Erntestatistik Niederösterreichs einer regional vergleichenden Analyse, die bisherige Annahmen teils bestätigt, teils revidiert. Mit Hilfe multivariater Statistikmethoden werden die 71 Gerichtsbezirke aufgrund der (Un‑)Ähnlichkeit ihrer Mermale angeordnet. Die wichtigsten Differenzierungsmomente bilden Flächenproduktivität und Produktionsrichtung. Es zeigt sich bei allen Bezirken eine deutliche Abnahme der Flächenproduktivität, vor allem in den natur- und verkehrsräumlichen Ungunstlagen, aber auch in den kleinteiligen, auf Futterbau und Milchwirtschaft ausgerichteten Umlandbezirken Wiens. Hinsichtlich der Produktionsrichtung offenbart sich überraschender Weise ein Trend der Abkehr vom Futterbau hin zum Getreide- und Hackfruchtbau sowie, in den Wiener Umlandbezirken, eine Steigerung des Gemüsebaus.

Dem Vortrag liegt ein Projektauftrag des NÖ Instituts für Landeskunde zugrunde; er wird in überarbeiteter Form beim Symposion Fern der Front – mitten im Krieg. Alltagsleben im Hinterland 1914–1918 der Öffentlichkeit präsentiert.